Das königliche Schwäbisch-Hällische Landschwein
begeht im nächsten Jahr sein 200-jähriges Zuchtjubiläum.
Hier Ausschnitte aus seiner Zuchtgeschichte:
Gleich zwei einschlägige Ereignisse kamen zusammen bei der Geburt des Schwäbisch-Hällischen Landschweins, der autochthonen Schweinerasse aus der Region um Schwäbisch Hall: Im Jahre 1814 endete die napoleonische Kontinentalsperre zwischen England und dem europäischen Festland, sodass Güterverkehr und Austausch von Waren und Tieren wieder möglich war.
Ein weit bedeutenderes und folgenschweres Naturereignis war der gewaltigste Vulkanausbruch der letzten 25 000 Jahre auf der Insel Sumbawa in Indonesien: Der Vulkan Tambora eruptierte im April 1815 in einem derartigen Ausmaß, dass er von vormals 4300 m auf 2800 m über dem Meeresspiegel einschmolz. Der Auswurf von Vulkangestein und Asche hatte Auswirkungen bis nach Europa. Das Jahr 1816 gilt in Nordeuropa und so auch im Königreich Württemberg als Jahr ohne Sommer. Dies führte zur schlimmsten Hungersnot im 19. Jahrhundert.
König Wilhelm I. – Der Landwirt auf dem Königsthron
Doch wie wir aus den Zeitläufen der Zivilisation wissen, führten Katastrophen stets auch zu Innovationen und Neuerungen. Im Königreich Württemberg regierte zu der Zeit der noch junge Monarch König Wilhelm I. auf dem Königsthron mit seiner progressiven und sozial eingestellten Gattin Katharina, einer Romanov vom wohlhabenden russischen Zarenhof.
Im Jahre 1821 erreichten auf Anordnung Wilhelm 1. von Württemberg, dem „Landwirt auf dem Königsthron“, eine Anzahl „Chinesenschweine“ das Königreich Württemberg: „Das chinesische Schwein ist als solches vortheilhaft bekannt … und in dieser Absicht haben seine Majestät schon Thiere einzeln und paarweise an bekannte Landwirthe verschenken lassen … Zu den Ebern dürfen fremde Zuchtschweine gebracht werden.“
Diese Eigenschaften machten das Schwäbisch-Hällische Schwein bei den Bauern beliebt. In der Blütezeit der Schwäbisch-Hällischen Zucht, in den 1950er Jahren, betrug der Marktanteil der Hällischen Rasse in Nordwürttemberg über 90 Prozent und im Landkreis Schwäbisch Hall gar 99,2 Prozent (zum Vergleich: Im Bundesgebiet lag der Anteil bei 5,9 Prozent).
In den l960er Jahren begann die Zeit des Niedergangs für die älteste und traditionsreiche Landrasse. Es war der Zeitgeist, der nach Standardisierung der Schweinezucht rief mit dem Ziel, ein „industriegerechtes deutsches Einheitsschwein zu züchten“; der holländische Magerschweine importieren ließ, die mager waren, dazu schneller wachsen und „eine Rippe mehr“ haben sollten; der Forschung, Lehre und Beratung veranlasste, den Fortschritt im Einsatz von Antibiotika und Leistungsförderern zu suchen; der alles Althergebrachte als rückständig und altbacken brandmarkte. Bauern, die an den „Mohrenköpfen“, wie die Schwäbisch-Hällischen immer wieder liebevoll bezeichnet wurden, festhielten, wurden belächelt und mit Preisabschlägen bestraft. Schließlich hielten nur noch einige wenige kleinere Betriebe Schwäbisch-Hällische Sauen und 1969 wurde die Zuchtbuchführung auf Anordnung der Zuchtleitung in Stuttgart ganz eingestellt.
„DER HAALQUELL“ Ausgabe Januar 1982
Doch die Rechnung wurde ohne die Hohenloher Bauern gemacht, die einmal mehr bewiesen, dass sie ihren aufrechten Gang nie verlernt haben. In kleineren Betrieben überlebten Restbestände der traditionsreichen Landrasse, weil deren Besitzer einfach nicht einsehen wollten, dass diese robusten, gutmütigen, fruchtbaren und das bekannt schmackhafte Fleisch liefernden Tiere einfach nichts mehr wert sein sollten.